Stolpersteine in der Berliner Str. 4, Familie Rheinhold

Zur Erinnerung an die jüdische Familie Rheinhold in der Stadt Coswig (Anhalt)

Im Jahr 2012 erforschte eine Schülergruppe der Klasse 11c des Lucas-Cranach-Gymnasiums der Lutherstadt-Wittenberg unter der Leitung der Lehrerin, Frau Ruhmer das Leben der Juden in Coswig. Mit einem Vortrag und einer Ausstellung wurden die Ergebnisse der Arbeit präsentiert, später dann auch im Coswiger Museum und im Simonettihaus.

Die Jugendlichen haben im Ergebnis ihrer Forschungen dem Stadtrat vorgeschlagen, Stolpersteine für die Familie Rheinhold in der Berliner Straße 4 zu verlegen. Der Stadtrat stimmte dem zu, und die Stadtverwaltung nahm Kontakt auf zum Konzeptkünstler, Gunter Demnig. Dieser ist der Urheber des Projektes Stolpersteine, die als Mahnzeichen zu verstehen sind, mit denen an das Schicksal der Menschen erinnert wird, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet, deportiert oder vertrieben wurden.

Am 3. Dezember 2013 wurde für die in der Nazizeit aus Coswig vertriebene Familie Rheinhold fünf Stolpersteine verlegt  -  vor ihrem letzten frei gewählten Wohnort in der Berliner Str. 4.                                                 

Hier die Texte auf den Steinen:

Hier wohnte
Heinz Rheinhold
geb. 1894
1938 verhaftet und in des Coswiger Zuchthaus eingeliefert
1942 – deportiert Richtung Osten und ermordet
 
Hier wohnte
Eva Reinhold (geb. Rüdenberg)                                                        
nach Verhaftung des Gatten nach England geflohen
1978 verstorben

 

Hier wohnte
Peter Rheinhold
geb. 1924
nach Verhaftung des Vaters nach England geflohen
– weiteres Schicksal unbekannt

 

Hier wohnte
Marianne Rheinhold
geb. 1926
nach Verhaftung des Vaters nach England geflohen
– weiteres Schicksal unbekannt

 

Hier wohnte
Werner Rheinhold
geb. 1935
nach Verhaftung des Vaters nach England geflohen
– weiteres Schicksal unbekannt

 

Der Künstler, Gunter Demnig hat in Coswig persönlich das Verlegen der Stolpersteine vorgenommen. Dies wurde von der Bürgermeisterin, Frau Berlin, und den Schülern der Klasse 11 c des Lucas-Cranach-Gymnasiums auch inhaltlich begleitet. Mit Kurzbiografien, Rezitationen und einer musikalischen Begleitung umrahmen die Schüler diesen Festakt als Höhepunkt ihrer Forschungsarbeit zur Geschichte der Zeit des Nationalsozialismus in Coswig (Anhalt).

Stolpersteine in der Stadt Coswig (Anhalt)

Verlegt worden sind diese Steine auf dem Gehweg in der Berliner Straße 4 vor dem letzten Wohnort der

Familie Rheinhold

Heinz Rheinhold, geboren am 5. Juni 1894 in Celle, übernahm nach einer Ausbildung zum Kaufmann das Korksteinwerk seiner Familie in Coswig. Am 2. Februar 1938 wurde Rheinhold vom Landgericht Dessau zu fünf Jahren Zuchthaus wegen "Rassenschande" verurteilt und einen Monat später in das Coswiger Zuchthaus eingeliefert. Im Juli 1942 wurde Rheinhold der Gestapoleitstelle Magdeburg zugeführt, danach verliert sich seine Spur. Er wurde später für tot erklärt.  Den drei Kindern und ihre Mutter, Eva Reinhold, gelang die Flucht aus Coswig. Sie kamen mit einem Kindertransport nach England.

Die Schülergruppe von 2012

Die Initiative ist von Coswiger Jugendlichen ausgegangen, die das Gymnasium in Wittenberg besuchten. Sieben Mädchen und Jungen aus Coswig haben - ausgehend von Informationen aus dem Stadtarchiv und von Grabsteininschriften auf dem jüdischen Friedhof - Nachforschungen über jüdische Bürger und weitere Coswiger angestellt, die während des Zweiten Weltkrieges Opfer des Nationalsozialismus wurden. Bei ihren Recherchen stießen sie auf den ehemaligen Besitzer des Korksteinwerkes, Heinz Rheinhold, und stellten den Antrag auf einen Stolperstein beim Stadtrat.

Das Projekt Stolpersteine

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Seit 1996 erinnert er damit in  Deutschland und anderen europäischen Ländern an die Vertreibung und Vernichtung von Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und politisch Verfolgten in der Zeit des Nationalsozialismus. In 26 Ländern sind in inzwischen mehr als 100.000 Steine verlegt worden.

In Anhalt gibt es Stolpersteine in Ballenstedt, Bernburg, Köthen, Dessau, Zerbst und Coswig, nachzulesen im Buch „Jüdisches Leben in Anhalt“, 3.Auflage 2024.

Aktualisierter Text, 26.2.2024, Dietrich Bungeroth, Dessau